Mittwoch, 24. Dezember 2014

Eine kleine Weihnachtsgeschichte und viel Schokolade mit Orangen



Neben einem schokoladig-fruchtigem Dessert soll es hier und heut' dem Tage zu Ehren also eine kleine Weihnachtsgeschichte geben. Dieser lässt sich eben besonders gut lauschen, wenn man einen Schokokuchen im Glas mit Schokocreme und Orange genießt. Deswegen verlier' ich ausnahmsweise gar ned mal so viele Worte sondern öffne den Vorhang für:

Grelles Weiß und leuchtende Stille

Er liegt auf der alten morschen Holzbank mit den grünen verschnörkelten Armlehnen. Sie sind aus Metall und vom Wetter gezeichnet. Er weiß das, weil er die Kälte der Lehnen durch die dünnen Sohlen seiner braunen Lederschuhe spürt. Und weil er immer hier liegt. Tag ein, Tag aus – ob Sommer oder Winter. Ganz egal, kalt ist ihm immer.
Nur selten steht er von seiner Bank auf und dann nur, um etwas zum Essen zu bekommen. Aber das ist mittlerweile vorbei. Die diesjährigen kalten Tage haben dafür gesorgt, dass seine Füße taub geworden sind und das Gehen damit unmöglich ist. Er will gar nicht daran denken, wie seine Zehen in den löchrigen Socken wohl aussehen. So bleibt er einfach liegen – mit geschlossenen Augen und geschlossenem Mund. Lange hat er kein Wort mehr gesprochen. Es frägt ihn ja auch nie jemand und seine Zunge fühlt sich an wie ein alter nasser Pelz. Die Schwere seiner Zunge und das Desinteresse seiner Mitmenschen haben ihn verstummen lassen. Nur einmal im Jahr scheint sich in ihnen etwas bemerkbar zu machen und aus Menschen werden tatsächlich wieder Mit-menschen. Und wenn sie in ihrer Hektik mit ihren Einkäufen nicht mit voller Wucht in seine Bank hineindonnern, dann werfen sie ihm mehr Münzen als im restlichen Jahr hin. Obwohl der alte Hut, den er dafür hatte, schon längst verschwunden ist. Sie schmeißen sie einfach vor ihn hin und beeilen sich weiterzukommen. Lieber wär’ ihm, wenn ihm mal jemand was zum Essen bringen würde, denn was soll er mit den Münzen ohne seine Beine? Jeder Cent, der im Schnee vor ihm zum Liegen kommt, ist eine verlorene Scheibe Brot. Und als die Münzen mehr, die Schritte schneller und die Glöckchen lauter werden, weiß er: es ist Weihnachten. Er weiß es nur allein deswegen, denn dieses „Weihnachten“ gibt es für ihn schon lange nicht mehr. Seine Erinnerungen an das Fest sind verblasst. Der Alkohol hat ihm die letzten Gesichter aus vergangenen Tagen entrissen.
Eine Träne läuft schwer über seine Wange hinunter. Als würde sein Dasein einzig der Schnelligkeit zum Trotz gewidmet sein, tropft sie langsam von der Bank auf den kalten Beton. So schläft er ein.

Als er wieder erwacht sind die schneidende Kälte und die Härte der Bank verschwunden. Das muss der Himmel sein, stellen seine müde Gedanken fest als er eine fragende Stimme hört: „Erwin?“ Gewöhnt daran, dass die Töne an ihm vorbei ins Nichts laufen schenkt er ihnen keine Beachtung. „Wochst jetzt a amoi auf? I bin jo so neigierig“, hört er den Mann wieder. Langsam schlägt er gegen jeden Widerstand die Augen auf. Grelles Licht strahlt ihm entgegen, bis sich ein pausbäckiges Gesicht vor ihn schiebt. So soll Gott aussehen? „Herst Erwin, sog amoi wos! I bin’s doch... da Sepp vom Friedlbauern.“ Er runzelt die Stirn, während langsam grüne saftige Wiesen und zwei lachende Buben aus seinem Gedächtnis gemächlich in sein Bewusstsein drängen. Wer ist das? Kann das denn sein? Seine Augen füllen sich mit Tränen und der andere setzt wieder an: „Des muas jo scho a hoibe... a wos sog i... a Ewigkeit her sei. Wast as nu, Erwin? I bin’s, wia woan imma beinond. Wia woan wia ans.“ Erwartungsvoll blickt ihn der alte Mann an. Er kann es nicht glauben, zu tief vergraben ist der Bub mit dem breiten Lachen. Er dreht sich zur Seite und lässt seine Lider nieder. Der Mann geht behäbig ein paar Schritte davon. Es klingt als würde er sich jetzt auf ein weiches Bett gleich in seiner Nähe setzen. „Wos host’n triebn oll de Johr?“, fragt er vorsichtig. Erwin ist gewaschen, trägt ein weißes Nachthemd und riecht gut. Keine Spur seines rauen Lebens ist zu sehen. „I hob a Dochta, wast? Mei Lem long hob i fia sie und mei Frau d’ Gerti g’orbeit und ka Sekund’n bereut. Und donn... jo donn hot’s an Krebs kriagt und glei drauf is gstorm. Sie woa die Liebe meines Lebens.“ Er wartet. „ Jetzt lieg i söba do und hobn in da Lung. Wast, bei dea an Zigarettn im Woid domois is ned blim. De anzige, de i jetzt nu hob, is’d Betti. Mei Dirndl. Die is imma fia mi do... mei Erwin, i gfrei mi jo so, dass i di wieda siag noch dea longen Zeit.“ Seine Stimme bebt.
Er dreht sich wieder um, zu schmerzhaft sind die Abrisse aus seinem Leben und langsam dämmert er wieder weg, während das Licht wieder schwächer wird und die Stimme von Sepp verstummt. Am nächsten Morgen erwacht er abermals im grellen Weiß. Lautes Piepen und fahrige Menschen reißen ihn aus seinen Träumen. Als er die Augen aufschlägt und zur Seite blickt sieht er an ein Dutzend Männer und Frauen, die sich um das Bett neben ihm scharren. Hart und ohne Unterlass drücken ihre Hände auf den Brustkorb des alten Mannes. Stockend wird ihm das Geschehen klarer. Gestern hat er ihm von der Lunge und dem Krebs erzählt und die mit Traurigkeit geschwängerte Atmosphäre war beinahe unerträglich. Das einzige was noch unerträglicher war, war seine Unfähigkeit ein Wort zu sagen. Unfähig. Wie kann ein einziges Wort so lebensbestimmend werden?
Das Piepen der Geräte verändert sich, es wird konstanter und die weißen Kittel beruhigen sich wieder. Auch ihre Stimmen verebben, während sie den Raum verlassen. Regungslos liegt er da, es fehlt nicht viel, da würde es sich wieder wie auf der morschen Bank anfühlen. Ein Dritter steht im Raum – einer der es ihm kalt über den Rücken laufen lässt. Die Angst vor ihm verbeißt sich fest in den alten Knochen. Seine Muskeln spannen sich an und die Finger schließen sich um das weiße Lacken, an dem er sich schwerfällig hochzieht. Er kann dem Dritten nicht sagen, dass er verschwinden soll, das weiß er schon. Er kann nur Sepps Hand halten und sie wenn es so weit ist in seine legen. So sitzt er den ganzen Tag und eine ganze Nacht an seinem Bett mit eisernen Griff um seine Hand. „Danke, dass’d do bist und ma hüfst. I geh jetz nämli... zua meina Gerti. Schau di um, um mei Betti.“
Während die Kittel wieder um ihn rumfliegen und irgendwelche Wörter rufen, die er nicht versteht, sitzt er versteinert an Sepps Seite. Stunden bleibt er in dieser Position. Am Abend kommt eine Frau in das Zimmer, sie setzt sich zu ihm und beginnt langsam auf ihn einzureden. Sie nimmt ihn am Arm und versucht ihn zum Aufstehen zu bewegen. Er schaut in ihre geröteten Augen und fragt: “Bist du die Betti? ... vom Friedlbauern?“


Heute steht er am Praterstern vor dem alten Würstelstand und verkauft den Kalender vom Augustin für 2015. Das ganze Jahr über steht er hier und verkauft die Zeitung voller Stolz. Trotzdem macht er heute früher Schluss. Es ist der 24. Dezember und er bekommt Bratwürstel mit Sauerkraut bei der Betti und ihrer Leonie. Er bringt dieses Jahr die frischen Semmeln vom Bäcker mit.



Cremiger Schokokuchen im Glas und Orangen (3-4 Personen):

60g zartbitter Schokolade
30g Butter
1 Ei
20g brauner Zucker
1 EL Vanillezucker
25g Mehl
1 Messerspitze Backpulver

Die Schokolade und die Butter werden über dem Wasserbad geschmolzen. Währenddessen schlägt man das Ei mit dem Zucker und Vanillezucker schaumig. Langsam wird die geschmolzene Schokolade darunter gemischt. Danach wird auch schon das Mehl und das Backpulver rein gesiebt. Die Gläser ausbuttern, den Teig hineinfüllen und bei 180° etwa 20 Minuten backen.



4 Orangen
1 EL Grand Marnier
1 EL brauner Zucker

Zwei der Orangen werden ausgepresst und ihr Saft in einen Topf gefüllt. Dazu kommen der Grand Marnier und der Zucker. Auf höherer Flamme wird die Flüssigkeit zu einem Art Sirup eingekocht. In der Zwischenzeit filetiert man die anderen beiden Orangen. Die kommen dazu, wenn alles schon etwas eingedickt ist. Von der Hitze nehmen und etwas abkühlen lassen.

60g zartbitter Schokolade
2 EL Mascarpone
2-3 TL Grand Marnier
ca. 3 EL Orangenmarmelade

Die Schokolade wird wieder über'm Wasserbad geschmolzen und etwas abkühlen gelassen. Vermischt wird sie mit der Mascarpone und etwa 2 TL Grand Marnier. Die Orangenmarmelade rührt man ebenso mit 1 TL Grand Marnier glatt. So kommt die Marmelade auf den Schokokuchen. Anschließend die Schoko-Mascarpone-Creme und zum Schluss die Orangensauce.





Frohe Weihnachten!


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